Vorsatzanfechtung – Reform: § 133 InsO wird eingeschränkt

Vorsatzanfechtung § 133 InsO Voraussetzung Gläubiger benachteiligtWie bereits bei INSOLVENZ-NEWS u. a. hier und dort berichtet, wird die Vorsatzanfechtung aus § 133 InsO von Insolvenzverwaltern teilweise uferlos angewendet: Die unscharfe gesetzliche Formulierung der Voraussetzungen und die teils recht großzügige verwalterfreundliche Auslegung haben dazu beigetragen, dass Unternehmen, Lieferanten im Geschäftsverkehr mit später insolventen Firmen großen Anfechtungsrisiken ausgesetzt sind.

Die Voraussetzung der Vorsatzanfechtung aus § 133 InsO: bisher unklar

Aus meiner eigenen Prozesserfahrung – früher auf Seiten der Insolvenzverwaltung, seit einigen Jahren auf Seiten betroffener Unternehmer – weiß ich, dass die Insolvenzverwalter wegen der Möglichkeit, zusätzlich zur Verwaltervergütung noch Prozessgebühren abzurechnen, prozessfreudig sind. Gerichte tendieren dazu, erst einmal dem Insolvenzverwalter (der schließlich auch von einem Gericht, von Amtsgerichten eingesetzt wird)  „zugeneigt“ zu sein. Inzwischen hat sich aber auch bei vielen Richtern herumgesprochen, dass oft über das Ziel (der Kompensation einer vor Insolvenz erfolgten Gläubigerbenachteiligung) hinausgeschossen wird.

Bereits jetzt klare Vorgaben vom BGH: Insolvenzverwalter muss Vorsatz, Gläubiger zu benachteiligen, nachweisen

Der Insolvenzverwalter ist und bleibt darlegungs- und beweisbelastet für einen Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung und Kenntnis auf Seiten des Anfechtungsgegner; hier gibt es nach meiner Erfahrung gute Verteidigungsaussichten, wenn man sich eingehend mit den Hintergründen und der rechtlichen Argumentation auseinandersetzt. Das höchste deutsche Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH) hat gerade jüngst grundlegend den unterinstanzlichen Gerichten vorgegeben, nicht einseitig die Kenntnis einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu unterstellen, sondern eine Gesamtwürdigung vorzunehmen – der Insolvenzverwalter hat den Nachweis zu führen.

Die geplante Reform/Gesetzesänderung: wichtig für alle von einer Anfechtung Betroffenen

Nun hat das Justizministerium (BMJV) einen einen Referentenentwurf zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung vorgelegt und damit die Rechtssicherheit für die von den vielzähligen Anfechtungen betroffenen Unternehmen erhöhen: Es soll endlich den verbreiteten, praktischen und gerade nicht gläubigerbenachteiligenden Stundungen und Ratenzahlungsvereinbarungen Rechnung getragen werden.

Der Gesetzgeber will für die Vorsatzanfechtung aus § 133 InsO nun klarstellen, dass eine verkehrsübliche Zahlungserleichterung (Stundung, Ratenzahlung) für sich genommen im Insolvenzfall ebensowenig eine Insolvenz-Anfechtung rechtfertigen kann wie die Unterstützung ernsthafter Sanierungsbemühungen durch einen Geschäfts-/Vertragspartner.

Aus meiner Sicht wirklich nur eine Klarstellung – in den von mir geführten Anfechtungsprozessen gründe ich mich bereits jetzt (vor gesetzlicher Klarstellung) auf die einschränkende Rechtsprechung des BGH.

Dennoch ist gerade für Gerichte, die bisher noch nicht mit dem Sonderthema Insolvenzanfechtung zu tun hatten (davon gibt es nach meiner Erfahrung viele), eine gesetzliche Klarstellung sinnvoll.

Weitere Verbesserungen für Anfechtungsgegner

Es finden sich weitere Einschränkungen der Insolvenzanfechtung – etwa in den Bereichen Bargeschäfts-Ausnahme, Zwangsvollstreckung und Verzinsung.

Unternehmer, Unternehmen und Personen, die von einer Insolvenzanfechtung betroffen sind, können sich zur Klärung der Sach- und Rechtslage und Vertretung in Anfechtungsprozessen gerne mit mir in Verbindung setzen. Ich erläutere dann auch die Aussichten im Prozess und die für Anfechtungsgegner positiven Änderungen im Insolvenzrecht/Anfechtungsrecht.

Übersicht der geplanten Verbesserungen der Vorsatzanfechtung in der Insolvenz für die Anfechtungsgegner – und damit für Unternehmern insgesamt:

  • Der Anfechtungszeitraum soll auf vier (anstatt bislang zehn) Jahre deutlich verkürzt werden.
  • Die Vorsatzanfechtung wird noch weiter eingeschränkt werden, wenn die gewährte Deckung „kongruent“ ist, wenn also ein Anspruch auf die Zahlung bestanden hat (wie üblich). Anders als bislang, sollen diese Zahlungen erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger erkannt hat, dass der Schuldner bereits zahlungsunfähig ist; die Kenntnis der bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit soll nicht mehr genügen.
  • Gläubiger, die ihren Schuldnern Zahlungserleichterungen zur Überwindung vorübergehender Liquiditätsschwierigkeiten gewähren, werden privilegiert:
    Vermutung, dass sie bei später erhaltenen Zahlungen die Zahlungsunfähigkeit ihres Schuldners nicht kannten.
    Um einen Anfechtungsanspruch zu begründen, muss der Insolvenzverwalter das Gegenteil beweisen.
    Konkretisierung des sog. Bargeschäftsprivilegs, § 142 InsO: Bei unmittelbarem Austausch von zB Warenlieferung und Bezahlung der Ware soll gerade keine Anfechtung möglich sein.
  • Bargeschäfte sollen künftig nur noch dann der Vorsatzanfechtung unterliegen, wenn der Schuldner unlauter handelte und der Gläubiger dies erkannt habe.
  • Um die Rechtsunsicherheiten für Arbeitnehmer zu beseitigen, die in Bezug auf die Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen bestehen, soll darüber hinaus gesetzlich klargestellt werden, dass ein Bargeschäft gegeben ist, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt; das ist der Zeitraum, den bisher schon das Bundesarbeitsgericht seiner Rechtsprechung zugrunde gelegt hat.
  • Einschränkung der sog. Inkongruenzanfechtung, § 131 InsO – Vollstreckungen konnten nach dieser Norm bisher leicht angefochten werden; Zweck: Schutz der Gläubiger, die lediglich von gesetzlich zugelassenen Vollstreckungsmitteln Gebrauch machen und dabei nicht wussten, dass der Schuldner schon zahlungsunfähig ist.
    Zwangsvollstreckungen, die in den letzten drei Monaten vor Insolvenzantragstellung erfolgt oder zu deren Abwendung Raten gezahlt worden sind, sollen künftig grundsätzlich nur unter den erschwerten Anforderungen des § 130 InsO (also bei Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) anfechtbar sein.
  • Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs, § 143 InsO: Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder ab Klageerhebung verzinst werden. Dadurch der Anreiz für Insolvenzverwalter erst spät anzufechten, um weitere (hohe) Zinsen berechnen zu können, beseitigt und der Rechtsverkehr vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden.

 

UPDATE 02/2017:

Die Reform der Insolvenzanfechtung § 133 InsO/Vorsatzanfechtung ist inzwischen vom Bundestag beschlossen worden.

-> Eine Übersicht über die Änderungen und Verbesserungen finden Sie hier: Änderung der Vorsatzanfechtung § 133 InsO

 

Ich rate allen von einer Insolvenzanfechtung Betroffenen, sich gründlich zu informieren und beraten zu lassen. Gerne biete ich hierzu – inzwischen auch bundesweit telefonisch oder per Skype – Beratungen an:

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    Nehmen Sie einfach unverbindlich Kontakt auf.

    Unser auf Wirtschaftsrecht & Insolvenzrecht spezialisierter Rechtsanwalt Oliver Gothe berät Sie gerne.





    Rechtsanwalt Oliver Gothe

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    9 Kommentare zu “Vorsatzanfechtung – Reform: § 133 InsO wird eingeschränkt

    1. Jürgen Holle
      says:

      GmbH – Geschäftsführer

      Bin auch von einer Anfechtung Insolvenzverwalter betroffen – leider. Wir haben noch Geld bekommen, jetzt Insolvenz und der Verwalter will das Geld zurück.
      Bitte um Unterstütuzung von Ihnen als Fachanwalt im Insolvenzrecht.

    2. says:

      Ihre Anfrage zu: Insolvenzanfechtung § 133 InsO

      Dank der für Unternehmer positiven Tendenz in der Rechtsprechung und durch die Gesetzesänderung, sind die Aussichten inzwischen besser und ich mache gute Erfahrung in der Auseinandersetzung mit Insolvenzverwaltern und in Anfechtungsprozessen vor Gericht.

      Melden Sie sich einfach telefonisch bei unserem Sekretariat, per eMail oder senden Sie mir per Kontaktformular Ihre Telefonnummer: Wir gehen Ihren Fall durch und ich nehme mich der Sache gerne an. Ich bin aufgrund meiner Spezialisierung/Erfahrung in diesem Bereich deutschlandweit tätig.

    3. Friedrich
      says:

      Insolvenzanfechtung – Verteidigung:

      Auch unserer Firma gegenüber hat ein Insolvenzverwalter eine Anfechtung nach § 133 InsO erklärt. Es geht um einen hohen Betrag und wenn wir das zahlen müssen, sind wir selber in der Insolvenz. Ich hoffe, Sie können mir helfen – unser Unternehmen ist in Süddeutschland, vertreten Sie auch bei Anfechtungen und Anfechtungsprozessen im Süden?

    4. says:

      Auch vor der (geplanten) Reform der Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO) habe ich in einigen Fällen Einwendungen gegen die Insolvenzanfechtung festgestellt – es ist wichtig, intensiv neben den rechtlichen auch die sachlichen Hintergründe und Beweisfragen zu klären, denn der Insolvenzverwalter ist in der Nachweispflicht und muss eine vorsätzliche Benachteiligung durch die Insolvenzschuldnerin (bei einer GmbH etwa der Geschäftsführer) und die Kenntnis auf Seiten des Gläubiger beweisen.

      Übersenden Sie mir einfach per eMail das Anfechtungsschreiben, ich übernehme gerne die Klärung und Vertretung.

    5. Jürgen von H.
      says:

      wg. Vorsatzanfechtung Reform
      Auch ich habe schon von der Reform gelesen und hoffe, Sie können mir auch schon vor der Umsetzung der Gesetzesänderung (längst überfällig!) helfen.Ich bin Geschäftsführer eines Unternehmens und betroffen von einer Vorsatzanfechtung § 133 InsO eines Insolvenzverwalters.
      Es ist ein Hohn: wir hatten gestundet, um als Lieferant die Zahlungsfähigkeit zu gewährleisten und nun will die Insolvenzverwaltung das über mehrere Jahre gezahlte Geld per „INsolvenzanfechtung“ zurückfordern.
      Ein Anfechtungsschreiben liegt bereits vor – vertreten Sie als Insolvenzanwalt in solchen Fällen?

    6. says:

      Auch jetzt hat der BGH einige klärende Vorgaben/Einschränkungen der in der Praxis teilweise ausufernden, weiträumigen Insolvenzanfechtung aus § 133 InsO vorgegeben. Nach meiner Erfahrung gibt es in vielen Fällen Möglichkeiten, der Anfechtung etwas entgegen zu setzen – viele Insolvenzverwalter machen es sich leicht und sie verdienen ja über die angeschlossenen Prozessanwälte an den Prozessen: Die Gebühren werden erfolgsunabhängig aus der Insolvenzmasse entnommen.

      Ich vertrete inzwischen deutschlandweit Unternehmen/Betroffene von Insolvenzanfechtungen und biete einen ersten Check für das beste Vorgehen an. Nehmen Sie einfach Kontakt über mein Büro auf – per Kontaktformular, eMail oder auch telefonisch.

    7. nn
      says:

      Betr.: betroffen von Vorsatzanfechtung als Lieferant eines insolventen Unternehmens

      Ich habe von einem Insolvenzverwalter ein Insolvenz-Anfechtungsschreiben mit Androhung einer Anfechtungsklage erhalten. Ich hatte das Unternehmen beliefert und dann teilweise das Geld nicht erhalten, sodann Ratenzahlung abgemacht. Jetzt will der Verwalter über ein Jahr lang die erhaltenen Zahlungen zurück.
      Ihrem Artikel entnehme ich,daß Änderungen im Gesetz/Anfechtungsgesetz geplant sind,aber jetzt schon der Bundesgerichtshof diesen ausufernden und dem eigenen Portemonnaie der Insolvenzverwalter Grenzen gesetzt hat.
      Meine Frage: ich möchte gerne eine erste Einschätzung auch über die Prozessaussichten. Bieten Sie das und eine Prozessvertretung auch für unser Unternehmen in Süddeutschland an?

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