Versagung der Restschuldbefreiung bei selbständig tätigem Schuldner?

Insolvenz Entscheidung Urteil InsolvenzgerichtIm Unterschied zu angestellten Insolvenzschuldnern gibt es für Selbständige in der Insolvenz keine feststehenden an den Treuhänder/Verwalter abzuführende Einkommensanteile. In der Insolvenzordnung heißt es vage:

§ 295 Obliegenheiten des Schuldners

  • (1) …
  • (2) Soweit der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt, obliegt es ihm, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre.

Das ist in der Insolvenzpraxis Brennpunkt für Auseinandersetzungen mit Insolvenzverwaltern/Treuhändern und kann ein Risiko für die Restschuldbefreiung bedeuten: Angesichts der geringen Quoten für die Gläubiger – die Insolvenzmasse reicht in den meisten Fällen nur für die Verwaltervergütung – entlädt sich in der Praxis häufig der Unmut in Anträgen, die Restschuldbefreiung zu versagen.

So auch in einem Fall, den jüngst ein Landgericht zu entscheiden hatte: Ein Gläubiger stellte einen Versagungsantrag aufgrund der Berichterstattung des Treuhänders bereits vor Ablauf der Wohlverhaltensperiode. Der Treuhänder hatte in dem turnusmäßigem Bericht an das Insolvenzgericht gemeint, der Schuldner (selbständiger Krankengymnast) hätte als Angestellter ein höheres Einkommen als jenes aus der selbständigen Praxis erzielen können (sog. fiktives Einkommen, s. o. § 295 Abs. 2 InsO.) Das Landgericht LG Bayreuth (Beschl. v. 17. 6. 2009 – 42 T 65/09, ZInsO 2009, 1555-1556) stellte fest, dass es im Risikobereich des Insolvenzschuldners liege, angemessene Zahlungen zu erbringen; eine Versagung der Restschuldbefreiung käme jedoch nur dann in Betracht, wenn am Ende der Wohlverhaltensperiode (6 Jahre) die Zahlungen nicht erbracht worden seien.

Nur – für eine genaue Bewertung, was die Höhe der „angemessenen“ Zahlungen betrifft, hilft auch das Gericht nicht weiter. Da eine Entscheidung hierüber nach Versagungsantrag zu spät sein kann, ist eine Vorsorge anzuraten: Nachweise über übliche Tariflöhne im Tätigkeitsbereich, Aussichten, eine Anstellung zu erhalten, Einblick in die Berichterstattung des Treuhänders und eine präventive Vereinbarung über die abzführenden Beträge…

Übrigens bedeutet der vorbeschriebene Maßstab des fiktiven Einkommens auch einen Vorteil:
Für den selbstständig tätigen Schuldner besteht die Chance, wesentlich höhere Beträge für sich selbst zu behalten, wenn er wirtschaftlich erfolgreich ist.

    Haben Sie Fragen?
    Nehmen Sie einfach unverbindlich Kontakt auf.

    Unser auf Wirtschaftsrecht & Insolvenzrecht spezialisierter Rechtsanwalt Oliver Gothe berät Sie gerne.





    Rechtsanwalt Oliver Gothe

    *Die Daten benötigen wir, um Ihre Anfrage zu bearbeiten. Zur Bearbeitung Ihres Anliegens verwenden wir die Kommunikationswege, die Sie uns in dem Kontaktformular zur Verfügung stellen. Wenn Sie wissen möchten, wie wir mit Ihren personenbezogenen Daten umgehen, können Sie dies in der Datenschutzerklärung nachlesen.

    Ein Kommentar zu “Versagung der Restschuldbefreiung bei selbständig tätigem Schuldner?

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.