Insolvenz Selbständige
Der Bundesgerichtshof (BGH – höchstes dt. Zivilgericht) hat entschieden, dass Selbständige in der sog. Wohlverhaltensphase (also in der Schlussphase nach Aufhebung des eigentlichen Insolvenzverfahrens bis zur Restschuldbefreiung) keine Auskünfte über etwaige Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit geben müssen. Diese Klarstellung des BGH ist vor allem deshalb so erfreulich, weil Verwalter in der von mir beobachteten Praxis häufig die betroffenen Selbständigen dazu aufforderten, Überschüsse an die Insolvenzmasse abzuführen. Nicht selten war dies gekoppelt mit einem Hinweis, dass die Versagung der Restschuldbefreiung droht.
Dem hat der BGH nun eine klare Absage erteilt:
a) In der Wohlverhaltensphase hat der selbständig tätige Schuldner auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, aus denen die ihm mögliche abhängige Tätigkeit bestimmt und das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen ermittelt werden kann, nicht jedoch Auskünfte über etwaige Gewinne aus seiner selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit.
b) Verlangt ein Gericht eine solche – nicht durch § 295 Abs.1 Nr. 3 InsO gedeckte – Auskunft, begründen die Nichterteilung der Auskunft, eine unvollständige oder verspätete Auskunft grundsätzlich keine Obliegenheitsverletzung nach § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO oder nach § 296 Abs. 2 Satz 3 Fall 1 InsO.
(Leitsätze BGH-Urteil vom 26. Februar 2013, Aktenzeichen: IX ZB 165/11)
Pfändung bei selbständiger Tätigkeit: Fiktives Einkommen
Abzuführen haben Selbständige in der Wohlverhaltensphase nach der Regelung in § 295 Abs. 2 InsO den pfändbaren Anteil des sog. fiktiven Einkommens – also dessen, was sie als Angestellte verdienen würden. Die Details dieser Bewertung sind natürlich wiederum kompliziert und einem Beurteilungsspielraum zugänglich. Es besteht hier also das Risiko einer Falschbewertung durch den betroffenen Selbständigen und einer späteren Versagung der Restschuldbefreiung.
Ich rate Selbständigen daher, sich frühzeitig durch einen Insolvenzanwalt beraten und in die Insolvenz begleiten zu lassen.
Die erfreuliche Nachricht der höchstrichterlichen Rechtsprechung für alle Selbständigen in der Insolvenz ist jedoch, dass Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit in der Wohlverhaltensperiode, die oberhalb des in einer angestellten Tätigkeit zu erwartenden Einkommens liegen, jedenfalls nicht an die Insolvenzmasse abgeführt werden müssen.
Insolvenzberatung Selbständige
Diese Nachricht ersetzt – wie stets – nicht die notwendige Beratung im Einzelfall; nehmen Sie bei weiteren Fragen gerne Kontakt auf. Nach meiner Erfahrung ist es sehr sinnvoll, sich in ein Insolvenzverfahren von einem erfahrenen Insolvenzberater begleiten zu lassen.