Im Zuge der Liquidation und des Ausverkaufs bei Quelle hat das Hamburger Versandhaus Otto sich in einem Bieterverfahren die Rechte an der Marke Quelle und etlicher Handelsmarken wie Privileg sowie alle Anteile an Quelle Russland gesichert. Damit wird erwartungsgemäß Quelle als Marke weiterleben – allerdings als Hülle ohne (Quelle–)Kern und ohne, dass die rund 6.000 noch bei Quelle verbliebenen Arbeitnehmer etwas davon hätten.
Die Juristen aus dem Hause Otto und deren Anwälte werden sicherlich zuvor geprüft haben, ob Risiken eines sog. Betriebsüberganges im Sinne von § 613a BGB ausgeschlossen sind: Wenn nämlich (abgekürzt) der betriebswesentliche Kern erworben wird, gehen die dann in der Regel noch bestehenden Arbeitsverhältnisse des bisherigen Betriebs oder Betriebsteils kraft Gesetzes inhaltsgleich auf das erwerbende Unternehmen über – und müssen von diesem dann ggf. kostenträchtig beendet werden.
Es ist eine von Anwälten und Gerichten nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu prüfende Frage, ob eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität übernommen wurde: welche Faktoren sind für den bisherigen Betrieb also identitätsbildend? Ob allein die Marke „Quelle“ für diese wertende Betrachtung ausreichend ist, ist zunächst sehr fraglich. Es wird in der juristischen Bewertung in Literatur und Rechtsprechung schon eine Übernahme der arbeitstechnischen Organisations- und Leitungsmacht vorausgesetzt, wobei es letztlich immer darauf ankommt, was den Kern des betreffenden Unternehmens ausmacht.
Quelle jedenfalls ist durch die Marke geprägt: Es ist der Name „Quelle“ der aus Sicht der Kunden den Versandhändler von anderen abhebt und nicht die dahinter stehende Organisation/Logistik, die sowieso teilweise ausgelagert worden und austauschbar ist. Die Kunden „kleben“ quasi an der Marke „Quelle“ – diese Tatsache und den auf Kosten der Steuermittel noch gedruckten Katalog kann sich jetzt Otto zu Nutze machen. Offen ist, zu welchem Preis, denn dieser ist geheim.
Und hier schließt sich der Kreis, denn genau deshalb ist für einen anderen Versandhändler wie Otto die Hülle kostbarer als der Kern – nachvollziehbarer Weise, aber auf Kosten der Arbeitnehmer. Ich bin gespannt, wie der Betriebsrat reagiert.