Quelle-Insolvenz: es droht die „Insolvenz in der Insolvenz“

Quelle Insolvenz Haftung Insolvenzverwalter Görg MasseunzulänglichkeitNach Meldungen der FAZ (faz.net) prüfe der Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg, ob er die sog. Masseunzulänglichkeit anzeigt.
Es handelt sich hierbei um die „Insolvenz in der Insolvenz“: Auch die im Laufe des Insolvenzverfahrens (u. a. auch vom Verwalter herbeigeführten) Masseverbindlichkeiten können nicht mehr vollständig aus der Insolvenzmasse (nach Prognose) bedient werden. Das zugrundeliegende Gesetz, die Insolvenzordnung, (InsO) sieht eine Anzeige der Masseunzulänglichkeit ohne Nachprüfung des Insolvenzgerichts vor. Folge ist, dass dann selbst die Massegläubiger (die von einer vollständigen Bezahlung ihrer Forderungen ausgehen) möglicherweise nur in einer gesetzlichen Rangfolge berücksichtigt werden (Rangfolge des (§ 209 InsO)).

Nach dieser Rangfolge muss ein Verwalter um seine Vergütung nicht bangen, denn diese stehen im ersten Rang. Im zweiten Rang stehen die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit vom Verwalter begründeten Forderungen.
Die bis dahin (auch vom Verwalter) begründeten Verbindlichkeiten (der Lieferanten, der Arbeitnehmer, der auch staatlich gewährten Darlehen – kurz: eigentlich alle Forderungen bis zu diesem vom Verwalter zu wählenden Moment der Anzeige) sind quasi nachrangig und werden entweder überhaupt nicht oder nach Quoten bedient.

Dieses scharfe und (auch mangels Kontrollmöglichkeit über das Gericht) von vielen kritisierte Instrument ist eine (meist unvorhergesehene) Ernüchterung. Es führt zu einem enormen wirtschaftlichen Risiko der betroffenen Lieferanten, die im Vertrauen auf die Amtsperson Insolvenzverwalter Vorleistungen erbringen.
In diesem fragwürdigen System können sich etwa die staatlichen Darlehen vergütungserhöhend und nachteilig für die Gläubiger auswirken, denn durch eine höhere Verwaltervergütung rutschen die Massegläubiger in der beschriebenen Rangfolge automatisch nach unten – es ist dann weniger für sie zu verteilen.

Es bleibt dann die Option, einen eingetretenen Schaden über die Haftung des Insolvenzverwalter zu kompensieren: Mit § 61 InsO hat der Gesetzgeber immerhin einen Ausgleich zum scharfen Schwert der Masseunzulänglichkeit geschaffen, das sich gegen den Verwalter wenden kann. Danach kann sich ein Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter ergeben nach Bewertung der Frage, ob dieser hätte erkennen können, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung der von ihm begründeten Verbindlichkeiten voraussichtlich nicht ausreicht. Ein Vorteil der Gläubiger: das hat immerhin der Insolvenzverwalter zu beweisen.
Die FAZ (faz.net) meint, dass der Insolvenzverwalter Görg „kürzlich noch erklärt“ habe, „Quelle habe mehr als ausreichend Geld für die Abwicklng des Ausverkaufs von 18 Millionen Waren.
Wenn ein Verwalter (nachvollziehbarer Weise) ein derartiges Vertrauen/Erwarten schürt, kann es teuer werden für ihn (bzw. für den Haftpflichtversicherer). Dann nämlich, wenn sich diese Aussagen als reine Hinhalte/Durchhalteparole erweisen sollten.

Indes hat nach Pressemeldungen (Kölner Stadt-Anzeiger ksta.de) offenbar ein Kölner Lieferant gegen den Quelle-Insolvenzverwalter Görg Strafanzeige gestellt, da dieser befürchtet, auf einem fünfstelligen Betrag „sitzen zu bleiben“. Hier wird auch berichtet, dass Verdi-Handelsexperte Johann Rösch dem Insolvenzverwalter vorwirft, keinen Plan für den „Plan B“ (Liquidation/Ausverkauf) gehabt zu haben.

Nach weiteren Presseberichten habe DHL den Versand von Quelle-Waren vorübergehend gestoppt, weil dort auf eine offene Zahlung des Verwalters gewartet werde.

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    2 Kommentare zu “Quelle-Insolvenz: es droht die „Insolvenz in der Insolvenz“

    1. says:

      Wie dargestellt, sieht § 61 InsO eine Haftung des Insolvenzverwalters für die Nichterfüllung von Masseverbindlichkeiten vor; es handelt sich hierbei um eine Verschuldenshaftung mit Umkehr der Beweislast.
      Die fehlende Erfüllung der vom Verwalter begründeten neuen Masseverbindlichkeit führt zur Vermutung eines schuldhaften Pflichtenverstoßes. Dieser kann vom Verwalter durch den Nachweis widerlegt werden, dass objektiv von einer zur Erfüllung der Verbindlichkeit voraussichtlich ausreichenden Masse auszugehen war oder dass für ihn nicht erkennbar war, dass dieses nicht zutraf.
      Bei den von Ihnen genannten „Zusagen“ wird teilweise in der Rechtsprechung eine Art „Garantiehaftung“ des Verwalters angenommen – es kommt hier immer auf die konkreten Aussagen des Verwalters bzw. der mangelnden Prüfung der Erfüllbarkeit der eingegangenen Masseverbindlichkeiten an.

    2. RA Jun
      says:

      Lieferanten können gegen den Insolvenzverwalter Ansprüche aus § 61 InsO geltend machen. Der Verwalter hatte zunächst ausdrückliche Zahlungszusagen ausgesprochen. Am 30. Oktober hatte der Verwalter noch angedeutet, dass man eine drohende Masseunzulänglichkeit ständig überwachen würde, dabei hatte der Verwalter sie bereits am Vortei bei Gericht angezeigt. Lieferanten fühlen sich jetzt getäuscht und haben meines Erachtens allen Grund dazu.

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