In der Beratungspraxis der privat von einer Schuldensituation/Insolvenz Betroffenen stellt sich immer wieder die Frage, ob nicht ein (schnelleres) Insolvenzverfahren im europäischen Ausland (i. d. R. eine Insolvenz in England oder Frankreich) mit kürzeren Verfahrenslaufzeiten sinnvoll wäre.
Als eine Art „Geheimtip“ wurde die „schnelle Entschuldung“ in England oder Frankreich bereits 2001 gehandelt, nachdem der Bundesgerichtshof entschieden hatte, dass die deutschen Insolvenzgerichte eine Restschuldbefreiung, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat erteilt wurde, anerkennen müssen. Seitdem kursieren Gerüchte und verschiedene Angebote im Internet über vermeintlich billige, schnelle, einfache Möglichkeiten im europäischen Ausland von den Schulden befreit zu werden. Es ist eine Art „Insolvenztourismus“ entstanden: Einige Verschuldete fingieren einen Aufenthalt in England oder Frankreich, manche ziehen dorthin, weil sich ebenfalls herumgesprochen hat, dass den dortigen Insolvenzrichtern die Modeerscheinung aus Deutschland nicht entgangen ist. Die Anforderungen über den Nachweis des tatsächlichen Aufenthalts im entsprechenden Land sind gestiegen.
Mit den (von einschlägigen Dienstleistern gerne beworbenen) Attributen „schnell, einfach, billig“ setzt sich eine Mitarbeiterin des Deutschen Roten Kreuzes (eine Betreiberin von Schuldnerberatungsstellen) kritisch hier auseinander.
Statt auf den Insolvenztourismus zu setzen, lohnt es sich in vielen Fällen über Wege zur außergerichtlichen Schuldenregulierung nachzudenken. Das ist häufig vorteilhaft für alle Beteiligten – den Schuldnern, weil es schneller geht, den Gläubigern, weil im Insolvenzverfahren kaum eine Quote zu erwarten ist, den Insolvenzgerichten, weil sie dann weniger Aktenberge stapeln. Es lohnt sich der Versuch, einen unbürokratischen Weg zu finden: einen außergerichtlichen Regulierungsversuch nicht als Pflicht, sondern als Kür. In vielen Fällen stellt sich dieser Weg dann als eine lohnende Investition heraus, um ganz ohne Insolvenzverfahren schuldenfrei zu werden.
Auch aus dem Insolvenzverfahren (in Deutschland) heraus, ist eine erhebliche Abkürzung der sechsjährigen Wohlverhaltensperiode möglich.
Diese Lösung hat sich noch nicht weit herumgesprochen: Es gibt einen – von der Rechtsprechung befürworteten und in der Praxis häufig zielführenden – Weg, aus dem Insolvenzverfahren frühzeitig „auszusteigen“ und (nach Absprache mit dem Insolvenzgericht) eine Restschuldbefreiung vorzeitig erteilt zu bekommen.
Dieser Königsweg einer abgekürzten Insolvenz funktioniert in vielen Fällen über einen Familienkredit – also eines Teilzahlungsangebots von dritter Seite und einer Abstimmung mit dem Insolvenzgericht und den Gläubigern.