Insolvenz einer „führungslosen“ GmbH und Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter

Die führungslose GmbH - Insolvenzantrag Gesellschafter § 15a InsOÜber die Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers und die damit im Falle einer Insolvenzverschleppung einhergehende Strafbewehrtheit und Haftung im Insolvenzverfahren aus §§ 15a InsO, 64 GmbHG habe ich bereits öfter berichtet – auch über die Auswege aus der Haftungsfalle (s. a. unter Insolvenzratgeber).

Nun stellt sich für die Gesellschafter einer GmbH bei der die oder der Geschäftsführer (möglicherweise im Anbetracht der Erkenntnis einer Insolvenz) ihr Amt niedergelegt haben, die Frage, was zu tun ist, damit sie nicht selbst wegen einer Insolvenzverschleppung haften bzw. sich strafbar machen. Durch das sog. MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Verhinderung von Missbräuchen v. 01.11.2008) ist nämlich die Insolvenzantragspflicht verschärft, vor allem der Kreis der hier Verpflichteten erweitert worden: Im Fall der Führungslosigkeit einer GmbH ist seitdem jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder Genossenschaft jedes Mitglied des Aufsichtsrats „auch“ insolvenzantragsverpflichtet, auf ihn geht die originäre Antragspflicht (des Geschäftsführers) über.

Zunächst: ich halte einen Geschäftsführer, der in einer „insolvenznahen“ Situation des von ihm geführten Unternehmens sein Amt niederlegt, um (wie naheliegt) sich seiner Pflichten in einem absehbaren Insolvenzverfahren zu entziehen für schlecht beraten. Es besteht das große Risiko, dass der spätere Insolvenzverwalter belegen kann, dass ein Insolvenzgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) im Zeitpunkt der Niederlegung bereits eingetreten war. Zugleich ist – nach meiner eigenen Erfahrung – die Wirkung bei Insolvenzrichtern und Gutachtern (die regelmäßig später auch als Insolvenzverwalter eingesetzt werden) äußerst negativ und führt geradezu zwingend zum Anfangsverdacht, dass der Geschäftsführer sich seiner Verantwortlichkeit entziehen wollte und Motivation die eigene Erkenntnis der Insolvenz war. Anders als beim aktiven Einleiten des Insolvenzverfahrens ist auch in den Prozessen zur Geschäftsführerhaftung die Wirkung bei den entscheidenden Richtern negativ; neben den Fakten geht es gerade auch bei der Frage des Insolvenzstichtages und eines unverschuldeten Verzögerns immer um eine Bewertung, bei der auch der Eindruck des Prozessgerichts von Bedeutung ist.
Eine Amtsniederlegung oder Abberufung des Geschäftsführers lässt zwar ab diesem Zeitpunkt die Antragsberechtigung entfallen, beseitigt jedoch nicht die zivil- und strafrechtliche Haftung für eine bereits eingetretene Versäumnis der Antragspflicht.

Die Gesellschafter sollten – wenn die Geschäftsführung abdankt oder nicht erreichbar ist (auch dies kommt tatsächlich vor) – unmittelbar handeln und bei Anhaltspunkten sofort das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung unter Einbeziehung des Steuerberaters prüfen und positivenfalls einen Insolvenzantrag stellen.

Hierbei müssen alle Anforderungen der InsO eingehalten werden: Der Insolvenzantrag muss, wie auch die Strafandrohung des § 15a Abs. 3 InsO für einen „nicht richtig“ gestellten Antrag zeigt, den in § 13 InsO dargelegten Anforderungen genügen. Die zusätzliche Einschaltung/Begleitung durch einen anwaltlichen, spezialisierten Berater ist ratsam. Erfahrungsgemäß ist in manchen Fällen – auch bei großen Unternehmen – nicht einmal klar, ob überhaupt eine oder eine wirksame Niederlegung des Geschäftsführers seines Amtes vorliegt: Jüngst habe ich etwa von einem anwaltlichen Vertreter eines Geschäftsführers (der offenbar seinen Mandanten vor einem „Insolvenzverfahrenszugriff“ schützen wollte, ihm aber voraussichtlich einen Bärendienst erwiesen hat) einen umständlichen 4-seitigen Brief erhalten. Es wird lang und breit gerechtfertigt und um Verständnis gebeten, warum der Anwalt seinem Mandanten – Geschäftsführer oder ehemaliger GF das ist hier die Frage – nicht empfehlen könne, einen Insolvenzantrag zu stellen.
Wie die „Eingangswirkung“ dieses Vorgehens bei Gericht und dem Gutachter (späteren Insolvenzverwalter) sich darstellt, wenn jetzt die Gesellschafter des führungslosen Unternehmens Insolvenzantrag stellen, kann ich mir bildlich vorstellen.

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    2 Kommentare zu “Insolvenz einer „führungslosen“ GmbH und Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter

    1. says:

      Gut, dass Sie sich informiert haben und nicht untätig geblieben sind – es könnte die Antragspflicht wg führungsloser GmbH einschlägig sein; das haben Sie ja offenbar auch anhand meiner Veröffentlichung und ggf. sonstiger Informationen schon vermutet.

      Um dem recht komplexen Vorgeschehen gerecht zu werden, richtige Entscheidungen zu treffen und keine Zeit zu verlieren, biete ich gerne meinen Einsatz an.

      Um das genaue Vorgehen zu entwickeln – es wäre auch sinnvoll vor Ihrer TelKo Montag entsprechend vorbereitet zu sein – halte ich es für sinnvoll, mich einzuarbeiten, mich mit Ihnen zu besprechen, das Vorgehen abzustimmen anhand Gegebenheiten und der rechtlichen Rahmenbedingungen.

      Hierbei sind auch die Sie betreffenden Bezugspunket:

      • Besonderheiten der Insolvenz in der Stellung als (inzwischen ausgeschiedene) Geschäftsführerin und

      • bis dato Gesellschafterin und

      • GesellschafterDarlehen

      relevant.

      Weiterhin die Frage des Überganges der Antragspflicht der führungslosen GmbH gem. § 15 a Abs. 3 InsO – hier ist immerhin nicht so weit zurückliegend anzuknüpfen an Kenntnis von der Führungslosigkeit, der ggf. gegebenen Zahlungsunfähigkeit usw.…

      Anhand Ihrer Beschreibung habe ich ein erstes Bild. Um das genaue Vorgehen zu klären, muss ich mich natürlich vertiefend einarbeiten.
      Hierzu und für die Entwicklung des genauen Vorgehens biete ich Ihnen gerne meine Beratung und einen zeitnahen ersten TelTermin zur Klärung + Einordnung der genauen Situation und der weiteren Schritte und Abstimmung hinsichtlich der anstehenden Unterredung mit GF + Gter an.

      Insbesondere für GmbHs sind einige Vorkehrungen zu beachten/treffen – das müsste auch geklärt/sichergestellt werden.

      Nötige Unterlagen, Informationen werden sich dann anhand des ersten Gesprächs + weiteren Einarbeitens ergeben.
      Ich kann Ihren Fall priorisieren und einen zeitnahen TelTermin anbieten.

    2. C.W.
      says:

      Sehr geehrter Herr Gothe,

      durch eine internet Recherche bin ich auf Ihre informative Webseite aufmerksam geworden, daher habe ich mich entschieden ihnen zu schreiben.
      Ich und meine Gesellschafter haben folgendes Problem:

      Bis November 2021 war ich geschäftsführende Gesellschafterin einer GmbH. Im November 2021 habe ich Anteile verkauft und die Geschäftsführung niedergelegt und das Tagesgeschäft an meine Nachfolgerin (4% Anteile) übergeben. Bis März hatte ich noch einen Beratervertrag für fachliche Fragen und bin nun nur noch Minderheitsgesellschafterin mit 10%. Meine Nachfolgerin in der Geschäftsführung hat im April 22 an den Mehrheitsgesellschafter (76%) übergeben. Am 1.März hat er die Gesellschafter per Mail darüber informiert, das er sein Amt am 7.3.. niederlegen wird. Am 17.3. war die Eintragung beim Handelsregister. Ein Schreiben des HR ist heute (23.3.) beim Firmensitz eingegangen.

      Am letzten Montag war ich mit meinem Mitgesellschafter (auch 10%) im Unternehmen, damit wir Einblick in die aktuellen Unterlagen bekommen. Wir konnten nur die postalisch zugesellten Unterlagen einsehen, da der ausgeschiedene Geschäftsführer sein Büro an einem anderen Ort hat und er die Daten nicht im Unternehmen lagert. Auf Anfrage zur Offenlegung der Daten hat er bisher nicht reagiert.

      Wir haben viele Rechnungen, Mahnungen und Vollstreckungsbefehle vorgefunden. z.B. von einem ehemaligen Mirtarbeiter. Aber auch die Berufshaftpflichtsversicherung. Die seit Mitte letzten Jahres nicht bezahlt worden ist. Das Bankkonto scheint überzogen zu sein, da Schreiben über Rückläufer eingegangen sind. Der Mitarbeiter, der zur Zeit noch im Unternehmen ist hat seit einigen Monaten entweder kein Gehalt bekommen oder nur Anteile. Eine Studentische Hilfskraft hat seit Dezember kein Gehalt erhalten. Wir sehen leider nicht was bezahlt ist. Aufsummiert belaufen sich die Rechnungen auf über 40T€. Einige Rechnungen scheinen nicht beglichen worden zu sein.
      Einiges davon habe ich vorher schon durch den Mitarbeiter verfahren, da er mich in Freundschaft gefragt hat, wie er mit den ausbleibenden Gehältern umgehen soll.
      Weiterhin fährt der Mehrheitsgesellschafter den Firmenwagen, nicht für unsere Gesellschaft, zumindest liegen Fahrzeugpapiere und einer der Schlüssel im Firmensitz. Das Auto ist dort seit längerem nicht mehr. Der Mehrheitsgesellschafter hat mir vor einigen Tagen noch per Mail geschrieben, dass er das Auto übernehmen will und ich aber noch persönlich in der Haftung stehe. Er hat wie sich nun zeigt nicht die Kosten des Fahrzeugs übernommen, wie er zumindest mal mündlich gesagt hat. Was meine persönliche Haftung betrifft, so komme ich jetzt aktuell nicht an den dazugehörigen Vertrag. Ich habe den Mehrheitsgesellschafter eine net und freundliche Mail mit der bitte um Stellungnahme gebeten.

      Er wolle allen Mitarbeitern kündigen, hat dieses auch per Mail angekündigt, allerdings ist die Kündigung nicht eingegangen.
      Zum Glück, damit haben wir wenigstens noch jemanden, der Projekte bearbeiten kann, an die Unterlagen ran kommet und ggf. Rechnungen stellen kann (darf?)
      Der Mitarbeiter hat eine Zusammenstellung erstellt aus der hervor geht, dass ca. 30 T€ Aussenstände aus Projekten vorhanden sind.

      Als Gesellschafterin habe ich an alle meine Mitgesellschafter eine Mail geschrieben, dass ich dringenden Handlungsbedarf sehe, vor dem 7.März. Mein Mitgesellschafter und ich haben darauf hingewiesen, dass wir ein Zahlungsproblem wahrnehmen und das die Amtsniederlegung zu Unzeit passiert, dass die zum einen nun führungslos ist und zum andern der Anschein der Zahlungsunfähigkeit besteht.

      Der Hauptgesellschafter hat daraufhin eine, wie ich empfinde, bedrohliche Mail geschrieben, in der er sagt, dass wenn wir ihm drohen (was wir nicht getan haben, weil wir immer sehr sachlich geblieben sind) er zum einen ein Darlehen von 22T€ fällig stellen wird, und wirft mir und und meiner Vorgängerin gleichzeitig vor das wir versucht hätten ein Darlehn zu erschleichen und prüfen will, ob zu unseren Geschäftsführungen bereits eine Insolvenz vorlag und wir uns einer Insolvenzverschleppung strafbar gemacht haben. Wir waren überschuldet, das sowohl mein Mitgesellschafter als auch ich immer wieder Darlehen gewährt haben. Mit einem Rang Rücktritt. Diese Forderungen sind inzwischen auch (mit Kryptowährung) beglichen worden. Nach bestem Wissen und Gewissen kann ich sagen, dass sowohl in meiner Zeit als auch in der Zeit von meiner direkten Nachfolgerin nichts dramatische passiert sein kann. Für den Jahresabschluss 21 haben wir gemeinsame eine positive Fortbestehensprognose erstellen müssen, die von unserem Steuerberater auch abgesegnet wurde. Leider nicht mehr gültig, da anschient im letzen Jahr der Jahresabschluss nicht gemacht worden ist.

      Mit dem Steuerberater habe ich gesprochen, um Einblick in die Bücher zu bekommen. Die sind nur leider seit einigen Monaten nicht vollständig, zumindest nicht bei ihm. Weiterhin ist der Jahresabschluss 21 nicht gemacht worden und der wird zum 11. April fällig, da ansonsten Strafen auf uns zu kommen.
      Ob eine ordnungsgemäße Buchhaltung gemacht worden ist wissen wir nicht.

      Da ich zu meiner Zeit zu vielen meiner Geschäftskunden ein sehr gutes Verhältnis hatte und noch habe sind sie mir sehr wohl gesonnen. So hat der Vermieter z.B. dass er nicht persönlich gegen mich vorgehen wird, genauso unser IT Fachmann.

      Weiterhin habe ich mich bei unserer Hausbank erkundigt, ob zufällig einer der Minderheitsgesellschafter eine Vollmacht hat, damit wir zumindest Kontoauszüge einsehen können oder ggf. Rechnungen begleichen können, wenn die Aussenstände durch den Mitarbeiter in Rechnung gestellt wurden.

      Weiterhin habe ich, in Absprache per mail mit dem Mehrheitsgesellschafter (vor der Amtsniederlegung) vereinbart, dass ich das Telefon, das Teile meines Beratervertrages auf Honorarbasis war, übernehme. Da es keinen Geschäftsführer gibt, geht es nicht. Ich kann nur die Rechnungen zahlen.

      Bei allen Gesprächen, die ich mit Kunden oder Gläubigern geführt habe, habe ich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich nur Minderheitsgesellschafterin bin.

      Auf die bedrohliche Mail habe ich geantwortet und geschrieben, dass wir als Gesellschafter vielleicht erst einmal sprechen sollten, bevor Drohungen ausgesprochen werden. Ggf. mit einem Mediator. Wir treffen uns daher am Montag zu einer Videokonferenz. Der ich inzwischen mit Unbehagen entgegensehe.

      Ohne die nötige Sachkenntnis zu haben, meine ich zu erkennen, dass wir bereits zahlungsunfähig sind und ohne Geschäftsführer auch noch handlungsunfähig. Daraus leitet sich für mich ggf. auch die Unzeit der Niederlegung ab. Kommunikation ist zusätzlich schwierig.

      Wir wissen, dass wir nicht viel Zeit haben um eine Insolvenz anzumelden, können die aber nicht wirklich belegen, da wir keine Einsicht in alle Unterlagen haben (trotz Aufforderung). Die Rechtsschutzversicherung übernimmt den Fall nicht. Da ich privat nicht das Kapital habe um mehrere Stunden Beratung finanzieren zu können. Suche ich eine Lösung, die über die Gesellschaft laufen kann.

      Der Mehrheitsgesellschafter hat uns darum gebeten, dass wir einen Geschäftsführer benennen. Das haben wir nicht getan, da wir keine Einsicht in die Bücher hatten und jetzt, da wir sehen was alles los ist, wir auch keiner der Gesellschafter den Posten übernehmen. Zumal nicht unsere fachliche Expertise (wir sind Naturwissenschaftler) gefragt ist, sonder Sachkenntnis für ein Unternehmen in einer Krise (entweder schon Insolvent oder die Gefahr einer)

      Im GmbH Gesetz steht, dass wir einen externen Prüfer, als Minderheitsgesellschafter fordern und beauftragen können und dass wir ggf. Zeitnah eine Insolvenz beantragen sollten um nicht privat Haftbar zu werden.

      Weiterhin habe ich mich an die IHK gewandt. Die mir geraten haben einen Unternehmensberater und einen Fachanwalt zu kontaktieren. Mein Steuerberater ist auch Unternehmensberater den habe ich zumindest schon einmal kontaktiert.

      Alles was ich bisher gemacht habe ist als Aktennotiz festgehalten und die Kommunikation mit allen Mitgesellschafter ist per Mail erfolgt. So dass ich und die anderen Mitgesellschafter zumindest, so hoffen wir, das bisher mögliche getan haben.

      Einen juristischen Weg einzuschlagen haben wir seit Montag noch nicht in betracht gezogen, da wir uns durch die letze Mail des Mehrheitsgesellschafters bedroh fühlen.

      Ich hoffe, dass Sie mir in irgend einer Form weiter helfen können.

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