In meiner Beratungspraxis – sowohl bei Einzelunternehmern als auch bei GmbHs verbreitet – stellen sich die Unternehmer in den meisten Fällen die Frage, ob sie den Geschäftsbetrieb nicht über eine neu gegründete Firma fortführen können: die Website, die Kunden, Telefonnummern, vielleicht auch das Büro oder den Laden/die Gaststätte.
Aktuell habe ich zu einer solchen „Auffanglösung“ wieder einige Anfragen erhalten – etwa, ob die Untervermietung an eine von einem Partner neu gegründete Firma möglich sei.
Vorsicht – ohne weitere Absicherung und Beratung kann dies ein Schritt in die Haftungsübernahme durch die Gläubiger und Finanzamt des insolventen Unternehmens sein.
Haftungsrisiken bei Betriebsübernahme
Bei einer Übernahme von Bestandteilen einer Firma (das fängt mit der Website oder Anschrift an) bestehen folgende Haftungsrisiken:
1. Anfechtung der Übernahme
In einem späteren Insolvenzverfahren kann die Übertragung von Gegenständen oder auch Übernahme von Kunden angefochten werden (§§ 129 ff. Insolvenzordnung). Kommt es nicht zu einem Insolvenzverfahren, können auch Gläubiger nach dem sog. Anfechtungsgesetz Übertragungen anfechten.
In der Praxis verbreitet ist aber, dass Gläubiger, allen voran die Finanzämter oder ggf. Krankenkassen bei Verdacht „die Reißleine“ ziehen, damit die sog. „Ordnungsfunktion“ (sprich Anfechtungen und ggf. strafrechtliche Maßnahmen) der Insolvenzverwaltung in Gang gesetzt wird.
2. Haftung des Betriebsübernehmers nach § 25 HGB
Für die Schulden des ursprünglichen Firmeninhabers (des insolventen Unternehmens) haftet der Übernehmer nach der „gefährlichen“ aber erstaunlicherweise vielen (auch Steuerberatern) nicht bekannten Haftungsnorm § 25 HGB:
§ 25 HGB (Auszug)
(1) Wer ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortführt, haftet für alle im Betriebe des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers. Die in dem Betriebe begründeten Forderungen gelten den Schuldnern gegenüber als auf den Erwerber übergegangen, falls der bisherige Inhaber oder seine Erben in die Fortführung der Firma gewilligt haben.
…
3. Der Übernehmer haftet für offene Steuern
Wer einen Geschäftsbetrieb per Kaufvertrag oder auch nur tatsächlich (teilweise) fortführt haftet gemäß § 75 Abs. 2 Abgabenordnung auch für Betriebssteuern, wie die Gewerbe- oder Umsatzsteuer, die das insolvente Unternehmen dem Finanzamt schuldet. Neben diesen Haftungsnormen sind auch immer strafrechtliche Konsequenzen zur berücksichtigen.
Ziel: Haftung vermeiden
Ziel ist es, diese Haftungsfallen zu umschiffen und entweder ohne Insolvenzverfahren eine unternehmerfreundliche zulässige Lösung zu finden oder die Privilegierung über einen sog. Asset-Deal im eröffneten Insolvenzverfahren zu nutzen.
Hierüber können die o. g. Haftungen ausgeschlossen werden – hierzu ist das Timing ganz wichtig: mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter etwa sollten keine Kaufverträge abgeschlossen werden und bei der Gestaltung und Vorbereitung muss einige beachtet werden – der Insolvenzverwalter informiert hierüber nicht, weil er keine Interesse hat und auch nicht die Interessen des Unternehmers verfolgen muss.
Daher ist eine Begleitung und Beratung des Unternehmers als Gegengewicht zu den hier nicht im unternehmerischen Interesse agierenden, eingesetzten (vorläufigen) Insolvenzverwalters sehr sinnvoll: Nehmen Sie gerne Kontakt für weitere Informationen mit RA Oliver Gothe-Syren auf.
In der Tat sind die Haftungsrisiken bei „Übernahme“ (egal ob mit oder ohne Kaufvertrag) eines (wirtschaftlichen) Betriebsteils sehr hoch. Da es auf den Einzelfall ankommt, bewerte ich das gerne und wir schauen, welche Möglichkeiten einer Weiterführung des Betriebsteils in Betracht kommen.
Melden Sie sich einfach über das Kontaktformular oder telefonisch bei mir.
Unsere GmbH ist nahezu insolvent und wir wollen einen Geschäftsbereich/Betriebsteil umstrukturieren und weiterführen…
Haftet eine übernehmende Gesellschafter oder ein Einzelunternehmer als Betriebsübernehmer bzw Erwerber?
Ich habe Sorge, dass eine Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB gegenüber der Gläubiger der insolventen Unternehmens eintritt. Auch eine Haftung für offene Steuerforderungen des Finanzamtes gem. § 75 AO wollen wir ausschließen.
Was gibt es für Möglichkeiten der Weiterführung des wirtschaftlichen Geschäftsbereichs?
Ja, das haben Sie richtig verstanden. Bereits die Übernahme einer Geschäftsadresse oder auch Website (je nach Unternehmensart) kann zu einem Übergang der Haftung gegenüber allen Gläubigern auf das neu gegründete Unternehmen führen.
Es gibt Wege, das zu verhindern – hierzu ist es wichtig, die genauen Sachlage und Unternehmensart zu kennen und die richtigen Schritte einer Auffanglösung abzustimmen.
Nehmen Sie einfach per Kontaktformular, telefonisch oder über Menü „Insolvenzberatung“ Kontakt zu meinem Büro auf, wir machen dann zeitnah einen ersten persönlichen oder auch Telefontermin.
Anfrage zur Haftung bei Übernahme Geschäftsbetrieb aus der Insolvenz
Guten Tag,
danke für die Informationen! Ich bin leider mit meinem Unternehmen (Einzelunternehmer) insolvent geworden und plane, mit einer anderen Firma (über meine Frau) weiter zu machen.
Wenn ich Ihre Infos richtig verstanden habe,droht bereits dann die Haftung einer „Fortführung“ unter einer „neuen“ Firma bereits dann, wenn der Mietvertrag oder die Website übernommen werden?
Gibt es denn einen guten Weg, mit einem „Einsteiger“ irgendwie weiter zu machen ohne Haftung?